Die Tür knarrt sich auf. Da steh ich nun, im chabby chick Dorado. So weit, so hoch, so breit – und du weißt nicht, was dich zuerst verzaubert.

Die Pupillen mutieren hier zu riesigen Planeten, du drehst dich um Skulpturen, um Kupfer, um Edelstahl. Rundungen, Frauenkörper, Vernetzungen, Verkupplungen. Berührungen, die nur ein Hauch von Atem(losigkeit) noch trennen mag.

Hier kannst du deine Liebe zur Haptik ausleben. Die Finger fühlen sich durch alles, was dich kreuzt auf deinem Weg - durch 300qm Staub und Kunst. Es fühlt sich großartig an, so glatt, so rauh, so weich und hart zugleich. Bertram Gante wirkt ruhig, leise, still wie viele seine Plastiken.

 

Bildhauer wollte der in Darmstadt geborene BERTRAM GANTE schon immer werden, und ich lasse mir die frühkindlichen Werke aus Ton zeigen, die im Nebenraum eingezäunt Regale schmücken. Im Hintergrund Puccinis "Tosca". Bin ich noch? Und wenn, dann wo?

Aus der Halle tropft es von irgendwo auf unsere Köpfe. Architekturstudium in den Zwanzigern. Seine Werke werten große Galerien auf, zur Zeit die Außenfläche der LEVY Galerie.

 

Ob er Kunst an Freunde verschenke, frage ich zaghaft.

„Ich verschenke schon lange keine Kunst mehr.“ - Es sind jene kleinen Fügungen des Schicksals, dass er anerkannt und groß wurde, seine Kunst zu wachsen begann, seine Preise ihm jenen Luxus gönnten, den ich sofort mit Reisen und Handtaschen verbinde. „Ich stecke alles wieder in die Kunst. Und in die Frauen hier!“ lacht er und zeigt auf seine zwei neuen Torso.

 

Die Formen seiner Objekte beschreibe er, wie es nur ihm gelingen kann. Im Kopf habe er noch immer jene dunkelhäutigen Gesäße, die er zufällig als Junge mal irgendwo entdeckt. Seine Metalle umarmen sich, ganze Familien drückt er aus und rückt zusammen. Die Merkmale und Unterschiede der Geschlechter in Form von kleinster Narben und Nuten machen es auch dem ungeschulten Auge einfach, Menschliches zu erkennen.

 

Ich ziehe meinen Hut vor einem großen Künstler mit erstaunlicher Gelassenheit, der jedoch nicht ohne Schalk im Nacken ist, wenn er lacht, weil ich so unbewusst die Scham einer Statue streichelte, die ich erst auf den zweiten Blick als solche erkannt....

 

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