Conni Köpp meets Harry Schulz.

(12.2019. R.I.P, du Wundervoller!)

 

WURST & GUT. (10.2016)

Ich sehe meine Wurst bereits vor Augen, rausche über den Asphalt, vor Hunger fast sterbend. Als ich den 'Lütt'n Grill' betrete, inhaliere ich das Grillaroma. Oh Gott, ich möchte übern Tresen springen, direkt hinein in die Fritteuse!  

Harry und ich sitzen direkt vor seinem Laden, direkt an der Straße. Er filetiert seine Currywurst und ich beiß' in mein halbes Hähnchen (nix mehr WURST). Die Kruste ist der Hammer, und Harry verrät mir stolz sein offenes Geheimnis von Vor- und Zubereitung. Überhaupt sei alles bei hm selfmade, selbst Ketchup und Mayo. Es habe gebraucht, trotz Unterstützung eines Chemikers, den ganzen Dreck, den der Markt seinen Verzehrern zum Fraß vorwirft, in seinem heimischen Küchenlabor erst mal zu untersuchen. Danach war 'deluxe' gefunden!  

 

Harry. Seine blauen Knopfaugen funkeln. Sein Herz schlägt im richtigen Takt, und so viel Fröhlichkeit und gute Laune haben mich schon lange nicht mehr derart angesteckt. 

Ich fang' die Fragerei jetzt mal von hinten an: Was würde wohl auf Harrys Grabstein stehen?

“Wenn nicht jetzt, wann denn dann?“

Genau! Und so hat er es schon immer gehalten. Sein Anspruch an Werte und Moral sei hoch. „Ich will einfach ein guter Mensch sein!“

Das nehme ich ihm ab. Und er strahlt aus, als falle ihm das auch noch leicht. HEUTE! Doch zurück zu früheren Zeiten...   

Mit 11 Jahren verliert er durch einen tragischen Unfall seine Mutter. Von da an denkt er jeden Tag an sie und kommuniziert auf seine ganz eigene Weise mit ihr. Sein Vater - charismatischer Frauenverführer und Schwerstalkoholiker, ist überfordert vom Leben und seiner Rolle als Vorbild für seine drei Buben. Doch klingelte das Jugendamt mal wieder durch, spielte der Nachwuchs 'heile Welt'.  

„Ich bin trotzdem ein Glückskind - auch ohne richtige Kindheit noch Jugend!“

Als Harry sich eines Tages selbst ins Heim einliefern lassen will, verhindern das seine Brüder und holen den Jüngsten zu sich. Mit 12 beschafft er sich erste Jobs. Er lacht: "Der Botendienst für die Huren war der beste!“  

Sein halbes wildes Leben ist er auf dem Kiez, doch nie in eine Schlägerei verwickelt. „Ich hatte die schützende Hand eines Kiezbosses über mir. Die 70er Jahre auf St. Pauli waren meine geilsten!“  

 

Harry sieht nicht aus wie Jahrgang '60, aber man hört ihm den an: allein durch dieses Füllhorn von Chroniken und Erfahrungen!

Nach der Handelsschule geht’s ab zum Bund. „Die haben mich zum Mann gemacht! Vorher war ich bloß ein großer Quatschkopf!“

Sein Ziel: Karriere! Und die beginnt im Keller einer Plattenladen-Kette, wo er die Bestände sortiert. Danach fasziniert ihn WERBUNG und er schafft den Sprung in eine Werbeabteilung, die er sogar leiten wird. Nächstes Ziel: EINMAL in die 'top 100' der Charts zu kommen. „Wir kamen auf Platz 107. Ich hatte mein Ziel zum ersten Mal verfehlt! Und wenn du floppst, dann bist du plötzlich ganz allein!“   

 

Er selbst sei als Freund immer loyal, verlässlich und gegenwärtig! Als Partner allerdings eher kompliziert und schwierig, doch ziemlich humorvoll! "Wer mit mir nicht lachen kann, hat's nichts begriffen!“

Irgendwie habe er wohl alles richtig gemacht! "Ich liebe das Leben, warum es wohl auch mich sehr lieben muss. Und deshalb gebe ich so gern zurück. Es ist so einfach, meinen Einfluss sinnvoll einzusetzen!“ Und als Papa sei er ein konservativer Wertevermittler und Welterklärer. Harry liebt Kinder, hat 2 Jungs von 2 Frauen, doch leider vom Großen kaum etwas gehabt, denn zur Zeit der Geburt erklomm er bereits die Stufen des Erfolgs höher und höher. 

 

Harry könne nichts ablehnen, erst recht nicht seine Unterstützung für tolle Projekte / emotionale Anfragen. Viele Briefe würden ihn erreichen. Harry hilft er, ohne lang darüber nachzudenken. Er liebt einfach Menschen und / mit Geschichten. Er, der einfach macht und aufbrennt, ohne Angst und Zweifel. Ein Status interessiere ihn nicht, und er bewerte nie.   

 

Harry machte sogar Print und brachte sein eigenes Stadtmagazin („Plex“) auf den Markt. Doch weil er nicht schreiben kann, tauscht er Konzertkarten gegen Texte. „Das Magazin hatte das Zeugs zum ganz Großen, aber.....“ Nun ja, dann hätte es vielleicht die Wandsbeker Disko 'Sounds' für ihn nicht gegeben. Auch nicht 'Roxy Music Club', und nicht die Bundeskegelbahn, und nicht das eigene Restaurant! Sein Traum vom eigenen Café, um seiner einzigartigen 'Prince'-Sammlung eine Bühne zu geben. "Ich hätte sogar schon die Muttis zusammen, die für mich backen wollten, sah mich schon auf deren Sofas ihre Törtchen testen!"  

 

Und Frauen? Privat? Seit 1 Jahr stecke er in einer Beziehung. Ziemlich lang, denn er können irgendwie keine richtige Bindung. "Aber das Leben blieb bisher auch ohne Dauer-Welle für mich aufregend!"

 

Wir kommen zur Geburstsstunde des Imbiss-Babys. Mittlerweile die Konten voller Gold, eine Auszeit von einem Jahr hinter sich, als der Wunsch nach was Kleinem aufkeimt. Er schickt einen Makler auf die Suche nach einem 'Pleitelokal'. Bingo! Ein Laden - bekannt für seine Fluktuation und Loser-Geschichten; für Besitzer, die nie lange blieben. - 22 Jahre ist das heute her, und die Muse des Erfolgs knutsche Harry noch immer.   

Aber das Fernsehen ist natürlich nicht unbeteiligt am großen Bekanntheitsgrad. Doch zuvor war der 'Lüttn Grill' zumindest in Hamburgs Schanze zum beliebten Anlaufpunkt geworden, nachdem er 10.000 Handzettel verteilt hatte: „1/2 Hähnchen - 1,95 DM!“. Vom Agenturchef und Porschefahrer zum Imbissbudenbesitzer1   

„Die standen Schlange bis zur Kreuzung! Und dann... kam das SAT 1 Frühstücksfernsehen!" 

Harry zieht als Gastronomie-Tester durchs Land, holt die guten und die schlechten Speisen auf den Mattscheibenteller seiner Zuschauer(Fans), bis die Zuschauerredaktion des Senders nicht nur einmal zusammenbricht! Am Ende bekommt er sogar Morddrohungen nach seinen Testergebnissen! 

 

„Ich denke, ich bin angekommen.“  Täglich lässt er sich mindestens 1 Stunde lang in seiner Grillstube blicken; und kommt er mal nicht, dann ist er vielleicht gerade wieder auf längerer Drehtournee und sein super Team schmeißt alles zuverlässig ohne ihn. 

Sein Vorbild sei Max Schmeling! Der kämpfte, fiel um und stand immer wieder auf.

 

Ob er Spuren hinterlassen hat?

„Das schaffen nur die ganz Großen, von denen es nicht viele gibt. Ich hoffe eher, viele viele Menschen zum Lachen gebracht zu haben!" 

 

Mich auf jeden Fall! Danke, Harry!