Mit drei Minuten Verspätung (danke, Knöllchenjäger!) sitze ich vor ihr. Ich werfe uns frische Brötchen vor die Nase und krümle erst einmal den Teppich voll.

Das Eis ist schnell gebrochen.

Ihr Büro hat ungefähr die Maße meiner Wohnung. Hier ist einfach groß! Doch auch gleich gute Stimmung. Jenny, im Mai 1980 das erste Licht erblickt, ist eine Frau, mit der man Pferde stehlen kann, das hört man ganz schnell raus. Und trotz der jungen Lebensjahre (im Verhältnis zu meinen), schleppt sie eine wahre Überdosis an Erfahrungen mit sich herum.

 

Aufgewachsen mit 3 Geschwistern, Mutter Ärztin (Palliativ- und Schmerztherapie), Vater Anwalt und renommierter Besitzer zeitgenössischer Kunst (seine Sammlung soll zu den 200 besten der Welt gehören). Natürlich öffnet ihr der Name ein paar Türen, doch ausruhen wird sie sich nicht auf ihm. Und ganz im Gegenteil weiß sie, was es heißt, eigenes Geld zu verdienen. Und das bekommt sie durch ihr erfolgreiches Engagement für Events und Netzwerke, die sich sehen lassen können.

 

Obwohl unsere Zeit streng limitiert ist, zweigt sie ihr noch drei Minuten ab und schlüpft mal eben in die Mutterrolle. Mama Jenny gibt ihrem Mann die Übungsworte fürs Diktat für eines ihrer Kinder durch. (Ich will ja nicht lauschen, aber Bienenwachs und Lachs sind nicht zu überhören).

Zurück zu dem, was sie schon früh geprägt hat: Reisen rund um den Erdball, permanentes Touren mit Eltern und Geschwistern durch Amerika, Australien, Neuseeland u.v.m– meistens mit Wohnwagen im Schlepptau. Ein Haus auf Sylt, in dem man ständig seine Ferien verbringt, das wäre nichts gewesen für den Cosmopolitan-Clan. Reisen weiten den Horizont und öffnen den Geist. „Ich habe schon die ganze Welt gesehen!“ Schranken gibt es für sie nicht, und Werte wie Respekt und Toleranz schreibt sie nur in Versalien. 

 

Ihr Abi macht sie in HH, auf der internationalen Schule, geht für ein halbes Jahr nach Amsterdam auf die Kunsthochschule und studiert im Anschluss in New York. Sie lebt bescheiden und weiß mit 300 Dollar / Monat entspannt über die Runden zu kommen.

Sie weiß, dass man ihr Ruhm, Erfolg, Glück und Geld zuhauf andichtet - korrekt und falsch zugleich. Sie arbeitet viel, gern und hart, permanent getrieben vom eigenen Ehrgeiz! 2009 gründet sie mit einer Freundin ihr erstes Unternehmen, doch trennt sich das Gespann nur zwei Jahre später, weil die Ansprüche nicht mehr die gleichen sind. 

 

2011 ist das Jahr der glücklichen Neuanfänge: sie heiratet ihre große Liebe (Hockey-Nationalspieler, Olympiasieger 1992; für beide die 2. Ehe) und gründet ihre Kunstagentur „unique art concepts“. Ihre events for brands und un-wie außergewöhnlichen Vernissagen sprechen sich herum.... da werden Parkdecks gemietet, ganze Kaufhausetagen u.v.m....
Ob Kai Wiesinger, Hilli Methe, ob bekannt oder (noch) unbekannt – sie ist so offen wie ihr Vater einst, stellt sich zwar aktuellen Themen, doch bleibt dem Mainstream dabei fern. Kurz kommt jetzt ihr Vater auf, den sie erklärt mit „Kunst, die andere zum Kotzen fanden“, bevor seine Sammlung endlich mehr Struktur bekam.

 

„Kaufe Kunst, die du liebst! Was nützen dir 10 Van Goghs in der Wohnung, wenn du sie in schweren Zeiten nicht eintauschen kannst!“ Erklärt sie mir und weiß genau, dass „Kunst echt Luxus ist!“ Sie selbst hat wechselnde Werke an der Wand von jenen, die sie aktuell vertritt. „Ich selbst bringe gerade mal ein Pferd aufs Papier!“ (Anm. Jenny ist leidenschaftliche Reiterin).

 

Dass Kunst wirklich Luxus sein kann, bekräftigt eine Zahl, die sie mal eben einwirft, und von der ich spontan nicht mal weiß, wie viele Nullen die überhaupt hat. Für sie persönlich hat Luxus noch andere Gesichter, und eins davon bedeutet: ZEIT für die Familie! „Ich weiß, wie es sich anfühlt, wenn Firmen dir ein Auto vor die Tür stellen, oder dir exklusive Kleiderpakete gesponsert werden. Nach zwei Jahren lässt die Aufregung aber nach...“ Trotz all der Angebote und Möglichkeiten - Bescheidenheit soll eine ihrer Tugenden bleiben.

Jenny als Mutter? „konsequent.“ Gern sei sie auch die ersten 8 Jahre für die Kinder Zuhause geblieben. Jenny als Frau? „süß! Aber auch laut und präsent.“ Jenny als Freundin? „treu!“ Sie zieht den Bogen zu ihrer 5-Freundinnenclique, mit der sie lange vor ihrem Erfolg schon befreundet war. Die meisten ihrer Freunde haben kein Interesse an ihrem Job, was dort verbindet, ist das Sein, es gehe nicht ums Tun und Haben. In einem Pulk aus 30 Freunden werden traditionell auch jährlich die Skiferien verbracht. „Freunde braucht man nur in schlechten Zeiten, doch davon dann gern einen Überschuss.“
Sie spricht mir von Brüchen mit ehem. Freundinnen, die keine mehr sind, und von Menschen, die mehr Interesse an ihrem ganzen Drumherum statt an dem Menschen Jenny hätten. „Ich war oft sehr naiv.“ Doch streiten würde sie sich auch nicht mehr, "es bringt doch nichts, sich aufzuregen, weil du den anderen nicht ändern kannst."

 

Jenny ist ein Stehauf-Mädchen, denn Aufgeben käme für sie niemals infrage, da spielte auch ihr Ehrgeiz überhaupt nicht mit. Und ihre Konsequenz unterstreicht folgendes Beispiel: jeden Morgen (6h30) dreht sie ihre Runden durch den Stadtpark, mit viel Musik im Ohr, die richtig „wuppt“, bevor sie danach ihre Kinder weckt.

 

Ich will' noch einen Glücksmoment von ihr:

 

„Australien. Strand. Aus dem Wasser kam eine riesige Schildkröte, die ihre Eier an Land ablegte. Ein berührender Moment, in dem Natur und Mensch sich derart nah gekommen waren, ganz frei von Angst.“

Mir bleiben jetzt genau noch 2 Minuten. Ich habe vorerst keine Fragen mehr, so rauchen wir zum Abschluss eine Zigarette, dann klopft es an die Tür. „Ich muss immer im schedule bleiben, sonst verzettle ich mich noch.“ 

Ein letztes Lachen, ein letztes tiefes Wort (ich hätte ihr die dunkle Stimme gar nicht angesehen), eine Einladung zum nächsten Event über den Flur gerufen und ein Vorschlag, wen ich gern mal portraitieren könnte..... danke, Jenny! (Anm: ich wollte als Kind auch immer Jenny heißen)