(4.11.19)

 

Eigentlicher Plan des Tages: Auto durch die Waschstraße fahren. Doch vorher sehe ich den Baumarkt an der Ecke. Okay, kleiner Zwischenstopp, ich brauche zufällig noch Farbe. Doch Halt – HIER vis a vis ist das 'Sozialkaufhaus'! Ich lege einen weiteren Zwischenstopp ein.... der Wagen, er muss mal wieder warten.

 

Ich beobachte die Menschen, wie sie Nippes bestaunen, sich auf gebrauchte Sofas werfen, sie sich freuen, schimpfen, sich beraten.

 

Im hintersten Raum erwartet den Besucher ein Sammelsurium aus Staub und vergangener Tage. Es riecht nach Moder und sogar nach 4711. Riecht nach ….. ich kann sie kaum beworten, diese  Mischung aus Geschichten und Vergänglichkeit. Auch wenn es mir schwer fällt, hier die Sachen an der Stange zu berühren, treibt mich etwas an. Schiebe ich zur Seite und zur Seite und  ….. WAS IST DENN BITTE DAS?! 


Ein Abendkleid mit Stickereien? Sogar das Etikett der Brautmoden-Boutique hängt noch am Schulterstoff. Ich reiße es vom Bügel, schnappe mir die freie Kabine und schlüpfe in die Robe. Ich kriege sie nicht zu und bitte eine junge Frau um Hilfe. Sie zögert, zieht am Reißverschluss, es ...klemmt etwa? „Nein! Ist schon zu! Tolles Kleid! Perfekt für Sie gemacht!“

 

Ich fühle mich wie eine Braut. Nur ohne Weiß. Nur ohne Mann. Ich möchte tanzen, will ausgeführt werden, es ist.... fantastisch! Wie klein war noch der Preis?

15 Euro! Wurde eine 1 davor vergessen? Nein, nicht an einem Ort wie diesem.

 

An der Kasse bitte ich: „Lesen Sie mir den Preis vor?“

Ungläubig lächelt sie mich an. Ich wünsche mir, sie denkt, ich kann nicht lesen. 

„15. Nehmen Sie es?“

 

Ob ich.....was????? Am liebsten würde ich sie übern Tresen ziehen und knutschen!

 

Und wie ich es nehme! Meine 2. Haut! Mein allererstes Festkleid dieser Art!

 

Zuhause rufe ich gleich meine Freundin an:

„Ich wäre dann soweit! Könnt ihr bitte heiraten? Ich habe nämlich schon mein Kleid!“

„Hihi, warst du nicht dein Auto waschen?“

Holy Shit! Das hatte ich komplett vergessen. Und die Farbe aus dem Baumarkt auch.

 

What a magic day. Ausgerechnet am Geburtstag meines Papas. Er wäre 

75 Jahre alt geworden. Zuhause schlüpfe ich erneut ins Kleid und rufe leise: „Papa? Wollen wir ausgehen und dich feiern? Wie in alten Zeiten?“

DANKE! Zu schön, zu wundervoll, wenn etwas in dir drin' dich treibt und du dich richtig mitreißen lässt.


Nun aber ab in die Waschmaschine. Kalte Spülung. Am besten spring ich mit dem Wagen hinterher, hihi