18. April 2018.

 

Nicht irgendein Mittwoch. Ich habe ein Rendezvous der Sinne, und meine Freundin und Geheimtipp-Geberin Anja Lamm wird mich begleiten, falls mir eine englische Vokabel fehlt. Erwartet werden wir von DEM Pâtissier seit 18 Jahren: Gabriel Mitchell, der eine unvergleichliche Karriere hingelegt, dank Lichtgestalten wie Torres, Genin und Hermé.

 

Wir laufen die ABC-Straße hoch und bestaunen in dem rund verlaufenden Schaufenster sein erstes Showpiece: eine Hochzeitstorte – ein weißer Blütentraum. Mir steigt sofort der Puls! Wenn das meine Brautpaare sehen könnten....(und so manche Tortenbäcker, die .... ach, lassen wir das!)

 

Noch ein paar Schritte nur, dann stehe ich vor der berühmten Auslage und komme mir vor, als hätte ich ein Juweliergeschäft betreten. Ich spiele mit den langen Schläuchen vor den Wänden und denke an Maccaronis. Der Designer MITCHELL hinterlässt auch hier seine Handschrift - in seinem „Caramel Jungle“!

 

Als er vor mir steht, versprüht er sofort gute Laune. Ich weiß nicht, ob mein Englisch schon den 1. Fehler hatte, als er lacht. Doch wenn Mitchell lacht, dann strahlt er bis zur Stirn. Ich lasse mir das Dutzend „Ladies“ in der Vitrine erklären. Jede klingt wie eine kleine Ballade. Wie eine Hommage. Ich hätte nichts dagegen, wenn eine der Ladies auch meinen Namen trüge: Constance....

 

10 Minuten später sitzen wir in seinem Office und bekommen Kaffee und natürlich 2 Ladies serviert. Ich hatte wirklich vor, mit Anja halbe-halbe zu machen, doch dann geb' ich von meiner Lady nichts mehr her! Ich habe keine Lust auf ihre raffinierte Thymian-Lady und berausche mich lieber ausschließlich an dem sinnlichen Kokos-Marakuja-Schoko-Bouquet, meiner Lady „YMA“. Ich verschweige Gabriel, dass ich in weniger als 5 Minuten normalerweise eine ganze Tafel Schokolade verdrücke. Ich will und muss das hier genießen! Und ich will schweigen dabei! So lasse ich ihn reden, es sprudelt nur so aus ihm raus (obwohl bereits ganz viele Interviews hinter ihm liegen), doch einer wie Er hat wirklich auch was zu erzählen! Mimik, Gestikulation und Artikulation – der Ausdruck seiner Leidenschaft für das, was er tut! Erstaunlich selten klopfe ich auf Anjas Knie, weil ich ein Wort schon wieder nicht verstanden.

 

„Are you proud of yourself?“ will ich endlich wissen, nachdem ich am Löffel wie an einem Lolly saugte.

Ich mag den Blick, den er mir zuwirft. Ausgedehnt gesprochen und breit grinsend haucht er mir ein sehr sonores „Yeeeaah! I am very proud!“ zu.

Richtige Antwort! Etwas anderes hätte ich ihm nicht geglaubt.

 

Ich will ein paar Fragen loswerden, doch dann überkommt mich eine Vision. Wie Menschen in einem Salon sitzen und schweigend eine Lady verzehren. Gaumengenuss wie ein Kuss – nichts soll ablenken. Sich bewusst und konzentriert einlassen aufs Liebesspiel von Zunge, Lippen, Gaumen und Zahnfleisch. Gaaanz langsam... Augen zu und …..durch. Geschmack, Genuss und Achtsamkeit. Ommmm!

Gabriel nickt mir zu und sagt nur: "Yeah!", doch ist er nicht sicher, wie offen die Hamburger für so was sind.

"Dann sorgen wir dafür, dass sie es werden!" grinse ich.

 

Mittlerweile geize ich seit einer Stunde schon herum, die Löffelspitzen werden immer kleiner. Ich will und kann mein Tortentürmchen einfach nicht vernichten! Nur Anjas Lady ist bereits verdrückt, die grüne Tortenkuppel mit lustig gespritzten Schneeflöckchen.

 

Rund eine Stunde brauche Gabriel für so ein Törtchen! Klingt viel, doch lange nicht so viel wie die weit über 100 Stunden, die er der Blütengestaltung einer Hochzeitstorte widmet. Ihr Preis übersteigt gar manches Kleid meiner Bräute mit rund 2.500 Euro.

 

„Dann nehme ich gleich 3 davon!“ Ich will besonders witzig sein, will doch den Meister noch mal grinsen sehen. I love it!

 

Warum er denn nach Hamburg kam?

 „I am here because of love!“

Wie schööööööön! Klares Statement, warum auch sonst sollte man San Francisco und New York für die ABC-Straße eintauschen? Eines Tages würde er noch gern Dependancen in Tokyo und London eröffnen. Er sieht sich bereits morgens seine Runden durch die Stores drehen, bevor er seine Tea-Time genießen würde.

Als ich an der Wand „Boston“ lese, verliere ich kurz meinen Faden. Ich frage mich, ob meine Gastfamilien noch am Leben sind, deren Kinder ich 1992 betreut habe.

Die Zeit verfliegt und auf einmal ist meine Lady doch verputzt. Ich lecke schnell die Krümel noch vom Porzellan - natürlich nur in meiner Fantasie!

 

Was Gabriel am liebsten isst?

„Tortilla-Chips mit Guacamole - und Sushi!“

Wie bitte? Und wo genau schwärmt er am meisten von den Makis und Nigiris?

„Im Yoshi!“

 

Als Kind habe er Erdbeeren über alles geliebt, auch Zimt und Schokolade. Und überhaupt wäre er gern Ambassador geworden. - Was hätte einer wie Er uns dann gefehlt! Er, der zunächst die Schnittmuster seiner Ladies in Perfektion und Präzision zu Papier bringt, bis er sie zum Leben erweckt, ihnen Persönlichkeit einhaucht und einen Namen zuteilt. 50 Ladies habe er allein im letzten Jahr kreiert, doch von Limits will er nichts wissen. Solange er sich von Natur, Musik und der „savory side“ seiner Küche inspirieren lässt, ist die Reise lange nicht zuende. „Food is the new luxury!“ Jetzt grinst er schon wieder! :-)

 

Seine Ladies können „to go“ gekauft oder via Catering gebucht werden – ihre Eleganz, Raffinesse und Attitude versprechen einen großen Auftritt und prädestinieren sie für die feinsten Parkette und Gesellschaften.

 

 „WE ARE SELLING FANTASIES IN EDIBLE FORM!“

 

Dieser schöne Satz wird hängen bleiben. So wie der Geschmack auf meiner Zunge. So wie auch das Lachen des charming, weltberühmten Gabriel Mitchell, 54 Jahre, Sternzeichen Steinbock (musste ich natürlich noch erfragen).

 

Geht hin. Schnappt euch ein Juwel aus der Vitrine und sagt mir, ob wirklich nur Küsse besser schmecken! Vielleicht trefft ihr ja nicht nur seine sexy Ladies an, sondern den Maître de Plaisir höchstpersönlich!

 

www.maisonmitchell.com